"ERC-Grants sind ein wichtiger Indikator für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Universität und ermöglichen Spitzenforschung. Ich freue mich, dass wir nun insgesamt 44 ERC Grants an der Universität Wien haben", so Rektor Heinz W. Engl.
Wie macht man Bilder im Dunkeln?
Wenn man ein Bild aufnimmt, etwa mit einem Fotoapparat oder mit einem Mikroskop, dann ist die Anzahl der Lichtteilchen (Photonen), die pro Bildpunkt (Pixel) detektiert werden, endlich. Zu einem Problem wird das zum Beispiel beim Fotografieren von bewegten Objekten in der Nacht: Einerseits müssen die Belichtungszeiten kurz sein, um die Dynamik abzubilden, andererseits erscheinen die Bilder verrauscht, wenn zu wenige Photonen pro Bildpunkt eingesammelt werden. Problematisch ist das auch bei der optischen Mikroskopie von lichtempfindlichen Proben oder bei der Abbildung von Proteinen mittels eines Elektronenmikroskops. Hierfür wird ein Protein mit Elektronen beschossen, um etwas über dessen atomare Struktur zu erfahren. Da die Elektronen die Struktur aber gleichzeitig zerstören, kann nur eine sehr geringe Dosis verwendet werden.
Wie kann man also ein Bild machen, das möglichst viel Information pro detektiertem Photon/Elektron, oder pro Interaktion mit der Probe, bietet? Dieser Frage geht Thomas Juffmann nach. Im Jahr 2016 hat er an der Universität Stanford eine Mikroskopiemethode entwickelt, welche zu Bildern mit besserem Signal-zu-Rauschverhältnis pro Photon/Elektron führen kann. Dabei interagiert jedes einzelne Photon/Elektron mehrmals mit der Probe, was zu einer Signalverstärkung führt. "Wendet man diese Methode auf die cryogene Elektronenmikroskopie an, für welche 2017 der Nobelpreis für Chemie verliehen wurde, so könnte diese Methode das Signal-zu-Rausch Verhältnis signifikant erhöhen", so Juffmann. In einer 2017 veröffentlichten Publikation zeigten Juffmann und KollegInnen, dass sich damit die Faltung eines einzelnen Proteins abbilden lassen könnte. Im Rahmen einer internationalen Kollaboration, finanziert von der "Gordon and Betty Moore Foundation", versucht der Physiker derzeit, einen ersten Prototypen eines solchen Mikroskops herzustellen.
Mit den Ergebnissen seiner Arbeit konnte sich Juffmann auch erfolgreich um einen ERC Starting Grant bewerben, mit welchem er nun seine Forschungsgruppe an der Universität Wien startet. In Lehre und Forschung der Fakultät für Physik (Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation) zugeordnet, werden seine Labore bei den Max F. Perutz Laboratories am Vienna Biocenter (Department of Structural and Computational Biology) zu finden sein. "Ich freue mich schon auf dieses interdisziplinäre Umfeld, in dem ich sicher viel lernen kann", so Juffmann, "außerdem ist es eine tolle Gelegenheit für mich, die von uns entwickelten Mikroskopiemethoden auf biologische Fragestellungen anzuwenden". Nun ist der Wissenschafter auf der Suche nach motivierten StudentInnen für seine Forschungsgruppe.
Zur Person
Thomas Juffmann absolvierte das Studium der technischen Physik an der TU Wien. Im Anschluss schrieb er seine Dissertation an der Universität Wien, in der er die quantenmechanischen Eigenschaften von großen Molekülen erforschte. Die Ergebnisse seiner Dissertation, welche heute in Physik-Lehrbüchern zu finden sind, ermöglichten ihm einen Studienaufenthalt an der Universität Stanford (USA, 2013-16). Dort untersuchte er Möglichkeiten, quantenphysikalische Effekte für sensitive und zerstörungsarme Mikroskopie einzusetzen. Nach einem weiteren Forschungsaufenthalt zu Optik in diffusen Medien an der École normale supérieure in Paris 2017 ist Thomas Juffmann seit März 2018 wieder an der Universität Wien, an der Schnittstelle zwischen Physik und Biologie, tätig.
> Juffmann-Group
Weiterführende Literatur
[1] T. Juffmann et al., Multi-pass transmission electron microscopy (2017)
doi:10.1038/s41598-017-01841-x (Open Access)