Quantencomputer mit Graphen-Plasmonen

07.05.2019

Ein neuartiges Material, das aus einer einzigen Schicht Kohlenstoffatome besteht, könnte zu neuen Designs für optische Quantencomputer führen. Das fanden PhysikerInnen der Uni Wien gemeinsam mit KollegInnen aus Barcelona heraus. Die Ergebnisse wurden in npj Quantum Information veröffentlicht.

Photonen wechselwirken kaum mit der Umgebung und sind damit ein aussichtsreicher Kandidat für die Speicherung und Übertragung von Quanteninformationen. Genau diese Eigenschaft macht es jedoch besonders schwierig, Informationen zu manipulieren, die in den Photonen kodiert sind. Um einen photonischen Quantencomputer zu bauen, muss ein Photon den Zustand eines zweiten ändern. Derartige Bauelemente, sogenannte Quantenlogik-Gatter, sind für die Verwirklichung eines Quantencomputers millionenfach nötig. Eine Möglichkeit dieses Ziel zu erreichen, ist die Verwendung "nichtlinearer Materialien", innerhalb derer zwei Photonen wechselwirken können. Leider sind herkömmliche nichtlineare Materialien viel zu ineffizient, um ein Quantenlogik-Gatter zu bauen.

Kürzlich wurde jedoch festgestellt, dass nichtlineare Wechselwirkungen durch den Einsatz von Plasmonen stark verbessert werden können. In einem Plasmon wird Licht an Elektronen auf der Oberfläche des Materials gebunden. Diese Elektronen helfen den Photonen, viel stärker miteinander wechselzuwirken. Plasmonen in gewöhnlichen Materialien zerfallen jedoch, bevor die benötigten Quanteneffekte auftreten können. 

In seiner neuen Arbeit schlägt das Forscherteam um Prof. Philip Walther von der Universität Wien nun vor, Plasmonen in Graphen herzustellen. Dieses vor knapp einem Jahrzehnt entdeckte zweidimensionale Material besteht aus nur einer einzigen Schicht von Kohlenstoffatomen, die in einer Wabenstruktur angeordnet sind, und überrascht seit seiner Entdeckung immer wieder. In diesem speziellen Fall führt die besondere Konfiguration der Elektronen im Graphen sowohl zu einer extrem starken nichtlinearen Wechselwirkung als auch zu Plasmonen, die außergewöhnlich lange leben. 

Wenn einzelne Plasmonen in Nanobändern aus Graphen erzeugt werden, können zwei Plasmonen in verschiedenen Bändern durch ihre elektrischen Felder wechselwirken, besagen die neu gewonnen Erkenntnisse der WissenschafterInnen. Falls nun jedes Plasmon in seinem Band bleibt, können mehrere Gatter auf die Plasmonen angewendet werden und die Forschung damit einen wesentlichen notwendigen Schritt zur Verwirklichung eines photonischen Quantencomputers weiterbringen. "Mit unserem Konzept des Graphen-Quantenlogik-Gatter haben wir gezeigt, dass die starke nichtlineare Wechselwirkung in Graphen es zwei Plasmonen unmöglich macht, in das gleiche Band zu springen", bestätigt Irati Alonso Calafell, Erstautorin dieser Arbeit, diesen Fortschritt.

Ihr vorgeschlagenes Schema macht sich mehrere einzigartige Eigenschaften von Graphen zunutze, von denen jede einzeln beobachtet wurde. Das Team in Wien führt derzeit experimentelle Messungen an einem ähnlichen Graphen-basierten System durch, um die Realisierbarkeit ihres Gatters mit aktuell verfügbaren Technologien nachzuweisen. Da das Gatter von Natur aus klein ist und bei Raumtemperatur arbeitet, sollte es sich leicht skalieren lassen, wie es für viele Quantentechnologien erforderlich ist. 

 

Publikation in npj Quantum Information: 
Quantum computing with graphene plasmons, I. Alonso Calafell, J. D. Cox, M. Radonjić, J. R. M. Saavedra, F. J. García de Abajo, L. A. Rozema & P. Walther. npj Quantum Information 5, 37 (2019),
DOI: 10.1038/s41534-019-0150-2


Volltext: hier.

Schematische Darstellung eines Graphen-basierten Zwei-Photonen-Gatters (© Universität Wien, erstellt von Thomas Rögelsperger).