Lokalität ist das wesentliche Prinzip zwischen allen physikalischen Interaktionen: Es besagt, dass jedes physikalische System nur mit Systemen in unmittelbarer Umgebung interagieren kann bzw. dass es bei entfernt liegenden Systemen ein vermittelndes “Medium” geben muss. Das kennt man etwa vom Telefonieren mit Mobiltelefonen, bei dem die Daten via elektromagnetischer Wellen übertragen werden, um den Gesprächspartner hören zu können.
Quantenforscher/innen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Wien fanden nun heraus, dass basierend auf diesem Prinzip eine Verbindung zwischen der modernen Quantenmechanik und der Raumzeit gezogen werden kann. Zur Erinnerung: Die Raumzeit ist jener von Einstein beschriebene Raum, der die drei räumlichen Dimensionen mit der vierten Dimension der Zeit (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) vereint. Die neue Studie wurde nun in „Quantum Information“, einem von „Nature“ herausgegebenen Journal, veröffentlicht.
Korrelation unabhängig erstellter Messergebnisse
Um die wissenschaftliche Ausgangssituation erst einmal im dreidimensionalen Raum, also ohne Berücksichtigung der Zeit, zu verstehen, stelle man sich zwei fiktive Beobachter Alice und Bob vor. Beide untersuchen die Bestandteile eines physikalischen Systems, wobei Alice nur jene Teile untersuchen kann, die in einem begrenzten Bereich („region of space“) liegen. Bob wiederum kann nur die Teile untersuchen, die außerhalb des begrenzten Bereichs liegen.
Das Flächengesetz der Entropie (“area law”), ein wesentliches Gesetz in der Quantenphysik, besagt, dass die Korrelation zwischen den Messergebnissen von Alice und Bob proportional zur Fläche des Grenzbereichs ist – nicht aber zu dessen Volumen, wie man einfach gedacht im dreidimensionalen Raum ja annehmen könnte. Die Fläche der Grenze bestimmt also inwieweit die beiden unabhängig voneinander erstellten Messergebnisse in Zusammenhang zueinander stehen. Wie ist das, wenn nun eine vierte Dimension, nämlich die der Zeit, dazukommt?
Mögliche Brücke zwischen Raumzeit und Quantenphysik
Hierfür kommt die neue Studie ins Spiel, für die die Forscher/innen folgendes Szenario innerhalb der Raumzeit entworfen haben: Alice führt ihre Messungen in einem abgegrenzten Raumbereich in einem bestimmten Zeitraum durch. Bob ist außerhalb dieses Bereichs und hat zu jedem Zeitpunkt Zugang zu jedem anderen Punkt, den es gibt. Die Forscher/innen von ÖAW und Universität Wien untersuchten nun, welche Rolle der Grenzbereich in der Raumzeit zwischen Alice und Bob für die Korrelation der Messergebnisse bedeutet.
Das Ergebnis: Auch in der Raumzeit gilt das Flächengesetz, solange die Objekte lokal miteinander interagieren (Prinzip der Lokalität). Das bedeutet, dass auch unter Berücksichtigung der Dimension der Zeit die Korrelation der Messergebnisse von Alice und Bob direkt proportional mit der Fläche des Grenzbereichs zunimmt. Das Volumen in der Raumzeit spielt für das Ausmaß der Korrelation dagegen keine Rolle.
“Uns ist es damit gelungen, einen wichtigen Zusammenhang zwischen Quantenkorrelation und Raumzeit zu finden”, sagt Časlav Brukner, Gruppenleiter am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der ÖAW und einer der Studienautoren. “Diese Ergebnisse könnten uns helfen, näher an eine einheitliche Theorie zu rücken, die Physiker/innen weltweit suchen und die die beiden noch getrennten Welten Quantenphysik und Gravitation in sich vereint.“
Publication:
"A Spacetime Area Law Bound on Quantum Correlations",
Ilya Kull, Philippe Allard Guérin, Časlav Brukner,
Nature Partner Journal Quantum Information, 2019 (Open Access)
DOI: 10.1038/s41534-019-0171-x